Haushaltsrede vom 17.02.2022

Redebeitrag SPD-Fraktion – Dr. Martin Maul

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren,

der vorgelegte Haushaltsentwurf enthält viele wichtige und gute Elemente, durch die wir Erlensee im Sinne seiner Bürger weiter voranbringen wollen.

Insbesondere stellt er sicher, dass wir die Kinderbetreuung, angefangen von den Unter-Drei-Jährigen, über die Kindergärten bis hin zu den Horthäusern weiterhin aufrechterhalten können. Es muss uns bewusst sein, dass es diese Kinderbetreuung nicht zum Nulltarif gibt und sie mit Abstand der gewichtigste Posten in unserem Haushalt sein wird.

Aufgrund der Tatsache, dass es zu einer erheblichen Nachverdichtung im Stadtgebiet kommt, d.h. dass immer mehr Mehrfamilienhäuser auf dem Gelände von früheren Einfamilienhäusern oder Gewerbebetrieben entstehen, wird sich auch kontinuierlich der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen erhöhen und dadurch werden entsprechend auch die Kosten steigen, die die Stadt Erlensee aus eigener Kraft aufbringen muss. Leider sind diese Kosten stärker gestiegen als die Gewerbesteuer-Einnahmen, so dass eine Finanzierungslücke entstanden ist, die wir durch höhere Grundsteuern auffangen müssen.

Zu der Erhöhung der Grundsteuer gibt es keine Alternative, da eine weitere Erhöhung der Gewerbesteuer über die 425 Punkte hinaus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Verlagerung des Steueraufkommens großer Kapital-Gesellschaften führen wird, da diese bei mehreren Standorten den Ort für die Versteuerung ihres Umsatzes unter Umständen beeinflussen werden. Wir würden daher mit einer weiteren Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes unter dem Strich nicht mehr, sondern weniger Einnahmen generieren und mehr noch den Standort Erlensee belasten und damit auch künftige Gewerbesteuer-Einnahmen gefährden. Aus diesem Grunde müssen wir den Antrag der CDU, die Gewerbesteuer anstelle der Grundsteuer anzuheben, ablehnen.

Auch die im Haupt- und Finanzausschuss von der CDU-Fraktion geäußerte Idee, doch einfach die prognostizierten Gewerbsteuer-Einnahmen um 700.000€ nach oben zu korrigieren, können wir nicht akzeptieren. Man kann nicht einfach Geld, das es nicht gibt, erfinden. Es macht auch keinen Sinn, die Kommunal- und Finanzaufsicht täuschen zu wollen, denn das Geld wird am Ende fehlen und wir werden dann wieder hier sitzen und diesmal mit der Maßgabe, etwas aus den freiwilligen Leistungen, z.B. der Hortbetreuung zu streichen, um das dann aufkommende Defizit zu beseitigen.

Die notwendige Grundsteuer-Erhöhung auf 675 Punkte wird für ein durchschnittliches Eigenheim ca. ca. 10 € im Monat ausmachen. Hier sollte man bedenken, dass wir andere Kosten wie die Straßenbeiträge abgeschafft haben, bei denen Eigenheimbesitzer damit rechnen mussten, alle zwanzig Jahre mit einem Betrag von bis zu 20.000€ auf einen Schlag belastet zu werden. Wollten er oder sie dies über den Zeitraum von zwanzig Jahren ansparen, so müssten pro Jahr 1.000€ oder jeweils in den ersten zehn Monaten eines jeden Jahres 100€ zur Seite gelegt werden. Dies zeigt bereits die Größenordnung, mit der die Gewerbesteuer schon jetzt die Bürger entlastet.

Die 10€ im Monat sind gut investiertes Geld. Denn sie ermöglichen es uns, den Jüngsten einen guten Start ins Leben zu geben, in dem sie vor allem in den KiTas die Deutsche Sprache und Kultur und das Zusammenleben mit anderen erlernen. Alles das, was wir hier im Kindergartenalter an Basis legen, wird sich später Tausendfach auszahlen, wenn wir damit erreichen, dass die jungen Menschen später auch in der Schule vorankommen und schließlich in Beruf und Familie als Erwachsene einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Daher möchte ich dafür werben, diese Erhöhung in dem Bewusstsein anzunehmen, dass es eine gute Investition in die Zukunft unserer Kinder ist.

Aufgrund des von der Verwaltung prognostizierten Bedarfes an KiTa-Plätzen sehen wir den Bau der KiTa-Fröbelstraße als notwendig an. Auch wollen wir der TKJE wieder eine Heimat geben. Entsprechend werden wir den CDU-Antrag auf Aufgabe des Baus des Kindergartens und des Jugendzentrums in der Fröbelstraße ablehnen. Der Bau der KiTa-Fröbelstraße ist uns vor allem deshalb ein Bedürfnis, da wir damit auch die Vielfalt von städtischen Kindertagesstätten auf der einen Seite und konfessionellen Kindertagesstätten auf der anderen Seite in Erlensee erhalten können. Gerade die evangelische Kirche hat Rückingen und Langendiebach über Jahrhunderte lang geprägt, hat viel mit ihren sozialen Projekten zum sozialen Miteinander beigetragen und leistet gerade mit dem gemeinsamen Projekt des Teams Kinder- und Jugendarbeit in Erlensee einen großartigen Beitrag für unsere Jugendlichen. Dass ausgerechnet die CDU, die das Christentum in ihrem Namen führt, diese großartige Arbeit einer christlichen Kirche beschneiden möchte, können wir als SPD-Fraktion nicht verstehen.

Unser Ziel als SPD-Fraktion ist es ferner, auch die Sanierung des Rathauses voranzubringen. In zwei Veranstaltungen haben uns die Fachleute erklärt, dass die Kernsanierung die kostengünstigste, ökologisch sinnvollste und hinsichtlich der kommenden Bedarfe einfachste Variante ist, um wieder ein modernes, den Bedürfnissen der Bevölkerung und auch der Mitarbeiter entsprechendes Rathaus an zentraler Stelle zu bekommen.

Insbesondere möchten wir auf die dadurch möglichen KFW-Kredite hinweisen, welche ein fünfjährigen Tilgungsmoratorium haben, was unseren Haushalt in den nächsten 10 Jahren ganz erheblich entlasten wird und verhindern wird, dass weitere Steuererhöhungen induziert werden. Um es ganz klar zu sagen, wer einen kompletten Neubau an anderer Stelle will, der wird wieder in die Taschen der Steuerzahler greifen. Einen solchen Neubau können wir uns schlicht nicht leisten und daher werden wir auch den entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion ablehnen. Wir finden es schlicht unerträglich, dass das Urteil von Fachleuten angezweifelt wird und mit Zahlenspielereien ein Neubau günstiger dargestellt wird als die Sanierung. Dies ist eine vollkommene Verkennung auch der zeitlich versetzt eintretenden Belastung des Ergebnishaushaltes der Stadt und damit einhergehender Grundsteuererhöhungen, die doch die CDU-Fraktion so vehement ablehnt.

Und noch eines dazu: Bei der geplanten Kernsanierung werden nur noch die tragenden Fundamente des Rathauses stehen bleiben, d.h. die Risiken sind bei diesem Verfahren laut der Fachleute – anders als die CDU-Fraktion es darstellt – gering.

Wir wollen den Limespark vollenden. Auch dafür sind Mittel in unserem Haushalt vorgesehen, um ein Naherholungsgebiet für alle Generationen in Erlensee zu schaffen. Vieles ist dort schon aufgebaut und einiges soll dort noch folgen, um einen lebendigen Treffpunkt in Erlensees Mitte zu schaffen.

Wir wollen, dass die Verlängerung der Anne-Frank-Straße gebaut wird, damit der Verkehrsschwerpunkt an der KiTa Friedensstraße entzerrt wird. Wir werden mitgehen, auf diese Haushaltsposition einen Sperrvermerk zu setzen. Gerne dürfen wir noch einmal darüber nachdenken, welche Lösung die beste ist, aber wir drängen auf eine rasche Realisierung, bevor es noch zu einem Unfall mit Personenschaden an dem Knotenpunkt zur KiTa Friedensstraße kommt.

Wir haben mit unseren Anträgen zusätzliche Stellen der Ordnungspolizei geschaffen und wir haben angeregt, dass Erlensee sich am Programm KOMPASS beteiligt. Hier sollen Fachleute ermitteln, mit welchen passgenauen Maßnahmen in Erlensee die objektive, aber auch die gefühlte Sicherheit verbessert werden kann. Der Freiwillige Polizeidienst kann eine Maßnahme sein, muss es aber nicht. Andere Kommunen haben sich auf Empfehlung von KOMPASS z.B. dafür entschieden, bestimmte Straßen und Wege in der Nacht besser auszuleuchten. Bevor nicht eine unabhängige Expertenkommission eine Empfehlung getroffen hat, kann man noch nicht über Maßnahmen sprechen, insofern ist der Antrag der CDU auf Einführung des Freiwilligen Polizeidienstes völlig verfrüht und wir können ihn nicht unterstützen.

Wir wollen an dieser Stelle betonen, dass uns die Mehrbelastungen der Bürger durch die Grundsteuer-Erhöhung bewusst sind. Sie können versichert sein, dass die SPD-Fraktion dies am allerwenigsten gewollt hat. Es muss uns aber klar sein, dass durch die hohen Kosten der Kinderbetreuung, den höheren Tariflöhnen, den Lasten durch das „Gute-KiTa“ Gesetz, den engen Zügeln der Schuldenbremse mit der Verpflichtung, eine Liquiditätsreserve aufzubauen, keine andere Wahl bleibt, wollen wir nicht eine der freiwilligen Leistungen reduzieren. Erlensee bietet seinen Bürgern eine Bücherei, ein Hallenbad, die Bürgerhallen für die Vereine, ein Fußballzentrum, die Unterhaltung der Anliegerstraßen ohne Straßenbeiträge, eine sehr gute Kinderbetreuung und vieles mehr. All dies muss es uns Wert sein, das entsprechende Geld zusammenzulegen, um diese Einrichtungen zu erhalten.

Da es uns bewusst ist, dass wir die Bürger in diesen Zeiten zusätzlich zu Corona und den steigenden Energiepreisen weiter belasten, haben wir, um ein Zeichen zu setzen, auf eigene Anträge in diesem Haushaltsjahr verzichtet. Entsprechend wollen wir auf Kosten der Bürger keine weiteren Balkone anbauen. Es gibt zwar vieles, was noch wünschenswert wäre, aber was wir uns aus Gründen der Haushaltsdisziplin verkneifen wollen.

Daher werden wir auch den CDU-Antrag nach zusätzlichen 10.000€ für die Überdachung von Fahrradständern ablehnen. Sollte dieser Antrag durch andere Mehrheiten durchgehen, so können die Bürger sicher sein, dass irgendwann X weitere Euro ihrer Grundsteuer für diese unnötige Ausgabe fällig werden. In diesem Sinne steht die SPD-Fraktion für Haushaltsdisziplin. Der Antrag der CDU für das städtebauliche Konzept ist unnötig, weil im Haushalt bereits ein städtebauliches Konzept vorgesehen und finanziert ist, daher werden wir auch diesen Antrag ablehnen, auch in seiner geänderten Form.

Wir sind nur gewillt, priorisiert maximal insgesamt bis zu 9.000€ zusätzlich auszugeben und unterstützen daher die Anträge der Grünen nach Habitatsbäumen (1.500€) und der Bezuschussung des Hof- und Gassenfesters (7.500€). Wir hoffen, dass sich das Geld im Haushalt finden lässt. Letztendlich wird die Finanzaufsicht dann entscheiden, ob unser Haushalt damit genehmigt wird oder nicht.

Selbstverständlich wollen auch wir, dass Erlensee die Herausforderungen der Zukunft annimmt und wollen die Elektromobilität und auch den öffentlichen Personennahverkehr fördern. Entsprechend unterstützen wir die Anträge der Grünen für die Prüfung von Anbietern für weitere E-Ladestationen und der Prüfung des Konzeptes „Bus on demand“. Auch die im Haushalt zu verankernden Ziele „Förderung von Zisternen“ und die „Erstellung eines Verkehrskonzeptes“ begrüßen und unterstützen wir.

Schließen möchte ich damit, noch einmal Stellung zu nehmen zu den Vorwürfen die unsere Fraktion in der letzten Zeit von der CDU-Fraktion ausgesetzt gewesen ist. Die CDU hat sich dabei davon verabschiedet, Verantwortung zu übernehmen für alle die Entscheidungen und Entschlüsse, die sie selbst jahrelang mitgetragen hat. Sie bezeichnet sich jetzt als „die einzige Partei“ für die Bürgerinnen und Bürger und duckt sich bei einem unangenehmen Thema wie einer Grundsteuererhöhung aber einfach weg.

Zu einem guten Umgang mit den Bürgern gehört aber doch auch, ehrlich zu Ihnen zu sein. Der Vorschlag der CDU-Fraktion im HFA, einfach den Gewerbesteueransatz von 7 Mio. € auf 7,7 Mio. € zu erhöhen, obwohl auch die 7 Mio. bereits einen von der Verwaltung sorgsam, im Sinne der gesetzlich geforderten Haushaltsklarheit und -wahrheit geschätzten Zuwachs von einer knappen Mio. € beinhaltet haben, ist ein Taschenspielertrick. Wir sind der Meinung, dass das mit einer seriösen Haushaltsplanung nichts zu tun hat und finden es geradezu ungeheuerlich, einen solchen Antrag in einer öffentlichen Sitzung zu stellen. Das Thema Grundsteuererhöhung wäre zwar zunächst vom Tisch, aber es muss doch jedem klar sein, dass es in den kommenden Jahren umso schlimmer wird, wenn dieses Luftschloss in sich zusammenfällt. Die ausgebliebenen Einnahmen aus der Gewerbesteuer müssen dann nacherhoben werden und ein umso höherer Grundsteuerhebesatz wäre die Folge. Das wollen wir nicht; wir wollen bei der Wahrheit bleiben.

Geradezu absurd ist hier auch die Behauptung der CDU, nur sie seien für die Interessen der Bürger und die SPD für die des Kapitals, weil man ja auch die Gewerbesteuer erhöhen könnte. Ich habe es schon gesagt: Wir sind hier am Limit angelangt. Und was bedeutet das denn eigentlich? Das bedeutet, dass wir, die SPD-Fraktion, an dieser Schraube – nämlich der Gewerbesteuer –  ZUERST gedreht haben und nicht, dass wir da ZULETZT „dran“ wollen. Auch das entlarvt sich also als Taschenspielertrick, so gut diese „Kampfrhetorik“ auch in den Ohren einiger klingen mag.

Eine Grundsteuererhöhung dient dann den Bürgern, wenn davon Leistungen für die Bürger erbracht werden. Das hat die Erste Stadträtin ja im HFA auf den Punkt gebracht: Natürlich besteht neben der Möglichkeit, Einnahmen zu erhöhen, auch die Möglichkeit, auf der anderen Seite Ausgaben zu senken. Die Pflichtaufgaben können nicht entfallen, kosten aber immer mehr Geld, weil Standards erhöht werden und weil in vielen Bereichen die Preise (Energie, Inflationsrate) gestiegen sind. Was die Bürgerinnen und Bürger da trifft, trifft natürlich auch die Stadt. Es blieben also Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen. Frau Behr bemängelte, dass es da keine Vorschläge von der SPD und den Grünen gegeben habe, und diese eben „lieber“ oder „einfach“ die Grundsteuer erhöhen.

Aber ist es nicht so, dass die Partei, die partout keine Steuererhöhung haben möchte, nämlich die CDU, als erste die Pflicht hätte, Einsparungen, also Streichungen von freiwilligen Leistungen vorzuschlagen? Das eine Fordern und das Andere lassen, passt da nicht zusammen. „Jedem wohl und keinem weh“ ist da das Motto. Dieses Motto kann man aber nur haben, wenn man Verantwortung ablegt und dafür lieber Wählerstimmenfang betreiben möchte.

Ich kann für die SPD sagen, dass wir diese Themen diskutiert haben, die Grundsteuererhöhung aber einer Streichung von Einrichtungen für die Bevölkerung vorgezogen haben. Denn diese Einrichtungen (KiTa, TKJE, Kinderhorte, Fußballzentrum, Bücherei, Schwimmbad) sind wertvoll. Sie helfen insbesondere den Jüngsten, einen guten Start ins Leben zu ermöglichen, und sind damit auch eine Stütze für unsere Zukunft als ein demokratischer Staat, in dem die Menschrechte und der Respekt vor dem anderen zählen. Denn das ist auch das Fundament für ökonomisches Wachstum, ökologische Nachhaltigkeit und für sozialen Fortschritt hier in Erlensee.